Soziologie-ein fliegender Holländer? https://soziologiedesunbewussten.blogspot.be/2015/12/blog-post

Soziologie- ein fliegender Holländer?

Mein Artikel aus "soziologie heute", Oktober 2015, s. Blog-Artikel vom 2.12.2015

Mittwoch, 6. Dezember 2017

Niklas Luhmann

1979 habe ich seinetwegen, als er noch als Exot galt, mein Studium der Soziologie von der FU Berlin nach Bielefeld verlegt, wo er lehrte!

Ich war fasziniert von seinem Abstraktionsniveau, das die marxistische und die individualistische Soziologie relativierte.

Als Persönlichkeit war er faszinierend und seine Vorlesungen lebendig, unterhaltsam und gut besucht. 
Seine Seminare waren weniger gefragt, weil viele das intellektuelle Niveau und die direkte Begegnung damit scheuten.

Sein Ausgangsthema war die Komplexität. 
"Seine Maxime lautete: Suche Theorien, die das Normale als unwahrscheinlich darstellen und das Selbstverständliche unverständlich erscheinen lassen." (Norbert Bolz NZZ vom 6.12.17)

Die Soziologie ist seit Comte und Durkheim angetreten, um das statistisch-normale, das wahrscheinliche Verhalten, wissenschaftlich zu erklären!

Heute sehe ich, dass seine Arbeit, ein "Theoriespiel", wie er es selber nannte, den Weg zu einer wissenschaftlichen Soziologie behindert hat. 
Schon "Komplexität" verweist auf ein philosophisches Abstraktionsniveau, "Macht" ist das Bezugsthema für eine sozialrealistisch-wissenschaftliche SOZIOLOGIE.

Mittlerweile sehe ich, wie seine Begriffsakrobatik und die Freude seiner Epigonen an der literarischen Arbeit damit zu einer Komplexitätsideologie in der Soziologie und in der Gesellschaft geführt haben, die mit einer katastrophalen Verantwortungslosigkeit für soziale und gesellschaftliche Strukturen und ihre Wirkung einhergeht.

Trotzdem bereue ich meinen damaligen Wechsel zu ihm in keinem Moment. 
Als Sozialphilosoph wird er überleben, als wissenschaftlicher Soziologe eine faszinierende Episode bleiben.

Danke und ruhe in Frieden, Niklas Luhmann!

Kommentare:

Nicolaus Schmidt: "Steile These..."

Gerhard Schwartz: 

"Luhmann hielt nichts von papageienhaftem Geplapper, er war ein Prototyp für "steile Thesen"! Wissenssoziologisch betrachtet ist es erwartbar, dass ein Seemann und Arbeitersohn wie ich andere steile Thesen produziert als ein Verwaltungsjurist und Brauereibesitzer-Sohn! Wer ist wohl, wahrscheinlichkeitstheoretisch betrachtet, näher an der statistisch-normalen sozialen Realität "an sich", die Luhmann operativ konstruktivistisch wegphantasiert hat?"

Vor 90 Jahren kam der deutsche Kultautor Niklas Luhmann zur Welt: Was bleibt?
NZZ.CH