Meine Antwort auf einen Kommentar von Prof.Dr. Thomas Etzemüller auf meinen kritischen Kommentar im Blog der DGS (Deutsche Gesellschaft für Soziologie):
Prof. Etzemüller: "Gibt es je einen "Stand der
Erkenntnis"?"
Gerhard Schwartz:
"Deutlicher kann man das Problem der konstruktivistischen Verirrung kaum fassen. Bezweifeln Sie, dass es überhaupt in der Wissenschaft um Erkenntnis geht oder bezweifeln Sie, dass es einen sich verändernden, weiter entwickelnden STAND der Erkenntnis geben kann??? Beide Zweifel führen ein rational-logisches Gespräch ad absurdum. Worüber sollen wir denn sonst wissenschaftlich sprechen??
„Des Kaisers neue Kleider“ ist zum allumfassenden Märchen der Soziologie geworden.
"Deutlicher kann man das Problem der konstruktivistischen Verirrung kaum fassen. Bezweifeln Sie, dass es überhaupt in der Wissenschaft um Erkenntnis geht oder bezweifeln Sie, dass es einen sich verändernden, weiter entwickelnden STAND der Erkenntnis geben kann??? Beide Zweifel führen ein rational-logisches Gespräch ad absurdum. Worüber sollen wir denn sonst wissenschaftlich sprechen??
„Des Kaisers neue Kleider“ ist zum allumfassenden Märchen der Soziologie geworden.
Der Konstruktivismus, der den Zeit-un-geist beherrscht, wird vom neuen ontologischen
Realismus als lediglich „aufgeblasene Rhetorik“ (Markus Gabriel)
entlarvt, weil er implizit eine objektive Realität voraussetzen
MUSS, um sich nicht in Beliebigkeit und Meinungs-Fetischismus
jenseits jeder kommunizierbaren Erkenntnismöglichkeit aufzulösen.
Dass ich das Thema
„systematische Theorie“ gerade mit einem Historiker diskutieren
darf und das mit ihm dabei eher auf den Punkt bringe als mit
einem Soziologen, zeigt die Hilflosigkeit und den Absturz der
Soziologie, die ihre Hilflosigkeit wahnhaft, um im
psychologisierenden Jargon der aktuellen Soziologie zu bleiben, in
die Gesellschaft projiziert und sich zur
„Verunsicherungs-Wissenschaft“, als Qualitätssymbol verstanden,
hochstilisiert, obwohl ihre wissenschaftliche Impotenz und die
Komplexitäts-Ideologie, die die Popularisierung und Demokratisierung
der komplexitätsverliebten, intellektualistischen Systemtheorie
bewirkt hat, eine Hauptursache für die Orientierungs- und
Verantwortungslosigkeit in der Gesellschaft ist.
Es wird langsam
Zeit, dass sie ihren Auftrag, soziale Realität und soziale Prozesse
zu ERKLÄREN, Ernst nimmt. Das ist ihre einzige Steuer finanzierte
Daseinsberechtigung, nicht die Produktion von intelligenten
Ideologie konformen Texten ihrer Beamten innerhalb einer
wohltemperierten emotional-ideologische Komfortzone ohne Haftung, mit
angenehmem Ambiente und attraktiven Untergebenen.
Ein anderes Indiz
für die Hilflosigkeit der Soziologie ist die aktuelle Flut
an Büchern zur „soziologischen Theorie“, die gerade
demonstriert, dass es keine „soziologische Theorie“ im Sinne von
systematischer Wissenschaft gibt.
Die Soziologie
benimmt sich wie ein Blatt Papier auf dem Ozean, das sich einbildet,
ein seetüchtiges Schiff zu sein, das auf dem Ozean der sozialen
Realität weiß, welcher Kurs anliegt. Als Kapitän weiß ich, wovon
ich rede.
Der viel beschworene
populäre Methoden-Pluralismus ist zu einer relativistischen
Ideologie entartet, die ihre zufällig erzielten Resultate als
systematisch erzielte Glanzleistungen verkauft, ohne mit zu bekommen,
das sie nicht weiß, warum ihre Erkenntnisse Erkenntnisse und nicht
bloße Meinungen sind.
Diese Tatsache
erklärt auch die offensichtliche Distanz zwischen erfolgreich
arbeitenden Soziologen in der Praxis und der Universitäts-Soziologie.
Persönlichkeiten,
die sich im Dschungel der Hilflosigkeit konstruktiv Orientierung
verschafft haben, sind als Persönlichkeiten erfolgreich, nicht als
Soziologen. Früher nannte man das bei den Soziologen „aktive
Professionalisierung“. Nichts Neues.
Ich bekam eine hoch
dotierte Ausbildung bei Merrill Lynch und an der Wallstreet 1983 in
Konkurrenz zu Juristen und Wirtschaftswissenschaftlern, OBWOHL ich
Soziologe war.
Die heutigen
Soziologen haben noch den Vorteil, dass sich die
Konkurrenz-Disziplinen im Zuge von Bologna, dem demokratischen
Massen-Studium usw. dem Niveau der Soziologie angenähert haben.
Erkenntnistheorie,
Ontologie und Wissenschaftstheorie kann man zwar explizit im Rahmen
der Demokratisierung des Denkens vermeiden, implizit bestimmen sie
allerdings immer den Stellenwert von Erkenntnis.
Die SYSTEMISCHE
Praxis hat gesellschaftlich Erfolg, weil ihr „Versuch und Irrtum“
der demokratische Ersatz für wissenschaftliche Theorie und
systematisches Denken ist. Obwohl sie sich gerne anders darstellt,
hat sie mit der komplexitätsverliebten, intellektualistischen
Systemtheorie meistens kaum etwas zu tun. Sie ersetzt Erkennen durch
Probieren.
Immerhin ergänzt sie die experimentelle Dimension auf der Interaktions- und Organisationsebene.
Auf der gesellschaftlichen Ebene ist das allerdings offensichtlich kein Ersatz für eine wissenschaftliche Theorie und ihre empirische Überprüfung."
Immerhin ergänzt sie die experimentelle Dimension auf der Interaktions- und Organisationsebene.
Auf der gesellschaftlichen Ebene ist das allerdings offensichtlich kein Ersatz für eine wissenschaftliche Theorie und ihre empirische Überprüfung."