Soziologie-ein fliegender Holländer? https://soziologiedesunbewussten.blogspot.be/2015/12/blog-post

Soziologie- ein fliegender Holländer?

Mein Artikel aus "soziologie heute", Oktober 2015, s. Blog-Artikel vom 2.12.2015

Montag, 8. September 2014

Neoliberalismus und Machterhalt

Philosophie und Psychologie sind kein Ersatz für eine wissenschaftliche Soziologie!

http://www.sueddeutsche.de/politik/neoliberales-herrschaftssystem-warum-heute-keine-revolution-moeglich-ist-1.2110256

Ein Kommentar von mir auf Bitte von FB-Freund "Occupy Gabriel".

Der Beitrag von Byung-Chul Han nähert sich dem Thema "Herrschaft/Macht/Gewalt" einerseits rational und vernünftig: "Zur Einsetzung eines neuen Herrschaftssystems ist eine SETZENDE Macht notwendig, die oft mit Gewalt einhergeht. Aber diese setzende Macht ist nicht identisch mit der das System nach innen hin STABILISIERENDEN Macht."

Eine zu Recht eindeutige Absage an "WIR"-Illusionen, die von innen her durch Gesinnungsaufbau das System strukturell glauben verändern zu können.

Dann bleibt er aber im philosophisch-psychologischen Nebel stecken, der es ihm nicht erlaubt, die SOZIOLOGISCH entscheidenden Abstraktionsebenen realitätsadäquat zu erfassen.

Zwei Beispiele. Er sagt, das neoliberale Herrschaftssystem sei "nicht mehr repressiv, sondern seduktiv, das heiß verführend" Die Machttechnik, mit der das erreicht wird, ist besonders effizient , so Han, weil "sie nicht durch Verbot und Verzug, sondern durch Gefallen und Erfüllen wirkt."

Korrekt beschrieben.

Hinter dieser hilflos und schwammig wirkenden Rhetorik (an dieser Stelle) lassen sich aber soziologisch eindeutige und identifizierbare Instrumente und Ursachen festmachen, die nicht einmal erwähnt werden.

Massenpsychologische, mediale Manipulation durch Werbung und ideologisch-liberalistische Propaganda.

Diese subtile STRUKTURELLE Gewalt führt zu dem richtig festgestellten Phänomen: "Es ist gerade diese gefühlte Freiheit, die Proteste unmöglich macht". Die liberalistisch-ideologische Psychologisierung und Individualisierung gesellschaftlicher STRUKTUREN führt zu der richtig beschriebenen Tatsache: "Wer heute scheitert, beschuldigt sich selbst und schämt sich. Man problematisiert sich selbst statt die GESELLSCHAFT".

Die freie Selbstausbeutung führt nicht zur paradoxen Situation, wie Han meint, sondern zur SCHEINBAR paradoxen Situation, die "die amerikanische Konzeptkünstlerin jenny Holzer mit ihrem 'truism' zum Ausdruck(bringt):'Protect me from what I want'" Besser kann man wohl die Produktion von Konsumenten und ihre nicht gewünschten Wünsche durch die Perversion der Wirkung von Werbung künstlerisch nicht darstellen.

Die Freiheit der Menschen wird ausgebeutet, wie Han richtig formuliert. Ein genialer Wandel der Ausbeutung für die Ausbeuter hat stattgefunden. "Man wendet Gewalt gegen sich selbst an, statt die Gesellschaft verändern zu wollen."

"Die Totalkommerzialisierung des Lebens", Kapitalismus pur, das Traumziel der Neoliberalisten, ist erreicht. Die Revolution von innen findet nicht mehr statt.

Soziologisch gesehen wird die Revolution von außen mit Hilfe einer SETZENDEN Macht dagegen immer wahrscheinlicher, zumal die liberalistischen Kräfte und der Erfolg an den Weltmärkten durch die hemmende Dekadenz der Konsens-Demokratie und ihre fundamentalen Probleme signifikant geschwächt werden.

Symptome sind der zunehmende Faschismus in Europa, der islamistische Generalangriff auf dieses neoliberalistische Freiheitsverständnis und die Verschiebung weltweiter Machtkonzentrationen im Richtung China und Russland.

Auch Deutschland wird aufgrund seiner langfristigen Geschichte und seiner damit verbundenen Außenseiter -Rolle in Europa ein zentraler Teil dieser SETZENDEN Macht sein.

Die SETZENDE Macht muss, wenn sie Herrschaftsansprüche revolutionär zur Veränderung von STRUKTUREN durchsetzen will, eine Medienmacht sein, die die System stabilisierende Medienmacht verdrängt beziehungsweise ersetzt.

Eine sehr unwahrscheinliche, aber mögliche Entwicklung!