Was ist eine Ideologie?
Eine Ideologie ist der unvermeidbare Hintergrund auf allen
strukturellen Ebenen des Sozialen, der die Selbstverständlichkeiten des MAN (s.
z.B. Heidegger) produziert und sie den beteiligten Menschen als rationale,
freiwillige Entscheidungen suggeriert.
Das Medium dieses Transfers ist das Unbewusste, individuell
im Sinne Freuds und kollektiv im Sinne Jungs, heute in den
Kognitionswissenschaften oft „das Implizite“ genannt.
Das Bewusstsein, emergent und abhängig, ist die Spitze des Eisbergs
des individuellen Unbewussten, dem unsichtbaren Rest des Eisbergs unter der Wasseroberfläche,
der im Meer des kollektiven Unbewussten schwimmt.
Autoren, von Hegel über Marx, Nietzsche, Althusser bis zu
Lacan und Slavoj Zizek haben das Thema „Ideologie“ an prominenter Stelle
implizit oder direkt behandelt.
Jede Idee wird irgendwann zu einer Ideologie, die nur noch
einen unzureichenden Teil der historisch möglichen, immer fortschreitenden
Annäherung an die objektive Wirklichkeit erfasst. Im Normalfall halten die
Menschen so lange an ihr fest, bis es zu einem Zusammenbruch kommt, ähnlich wie
bei den Paradigmen in der Wissenschaft.
Ideologien existieren auf allen Strukturebenen des Sozialen,
von der Persönlichkeitsstruktur über die Familie, Organisationen bis zur
Kultur.
Die aktuell dominierenden, überholten gesellschaftlichen
Ideologien sind die liberalistische Freiheits- und Auklärungsideologie und die sozialistische
Gemeinschafts- und Solidaritätsideologie.
Umberto Eco formuliert diese Tatsache auf der Ebene der
Symbole und Zeichen (Semiotik) folgendermaßen:
„... sie (die Kultur. G.Sch.) segmentiert auch jene
umfassenderen Teile des Inhalts, die die IDEOLOGIEN sind. Ideologische
Positionen entstehen durch die Opposition langer syntagmatischer Ketten, die
nach bestimmten Achsen strukturiert sind. Die >ideologische< Natur der
Ideologien rührt daher, daß man die partiellen semantischen Felder als
definitiv betrachtet und nicht erkennt, daß sie auf weiträumigere Korrelationen
innerhalb des umfassenden semantischen Systems bezogen werden können- so daß
man sie nicht nur zusammenfügen, sondern durch Vergleich auch widerlegen kann.
Die Kritik an den Ideologien besteht darin, die semantischen Partialfelder auf
weiträumigere Korrelationen zu beziehen und dadurch die Partialität der
Oppositionen deutlich zu machen." (Eco 1977: 186)