"Was also sind Strukturen, soziologisch begriffen?
1.) Es
sind auf verschiedenen, emergenten Ebenen durch Relationierung
entstandene Realitäten, die die VERTEILUNG und damit die
Wahrscheinlichkeit individuellen Verhaltens (nicht das konkrete,
individuelle Verhalten) auf der Basis primär unbewusster Prozesse
determinieren. Sie bestimmen die relative Stabilität sozialer Ordnungen
und die Möglichkeiten des Wandels durch abweichendes Verhalten. Es
handelt sich um ontologische Realitäten „sui generis“, die sichtbar sein
können im Falle z.B. von Gesetzen, Organisationsstrukturen,
Verfassungen, Büchern, Eheverträgen, formalen Institutionen , Symbolen,
Bildern aller Art oder unsichtbar bzw. bedingt sichtbar (Gesten,
Gesichtsausdrücke in
Relation zu ihrer verhaltenssteuernden Wirkung) wie im Falle einer
Beziehungsstruktur oder einer kulturellen Struktur. In jedem Fall sind
sie durch ihre Wirkungen (Bildung von Verteilungen des Verhaltens)
empirisch nachweisbar und hypothetisch sinnvoll, wenn keine plausible
anderweitige kausale Erklärung zur Verfügung steht. Die
empirische Forschungsarbeit setzt an den Wirkungen (Verhaltensverteilung) an, erstellt
Hypothesen zu den emotional relevanten Aspekten der relevanten
Strukturen und beweist durch den Vergleich mit einer anderen Struktur
und ihrer Wirkung die kausale Wirkung der untersuchten Struktur.
2.) Sie
sind typischerweise, in der Regel aus nachvollziehbaren Handlungen von
Individuen oder Gruppen entstanden, die von der Norm abweichen. In
Ausnahmefällen und in einem fundamentalen Sinn können Strukturen auch
als unintendierte Folgen von Handlungen entstehen (z.B.
Sprache/Kultur(teilweise)/Markt/Selbstorganisation). Neue
Strukturen entstehen soziologisch relevant typischerweise durch
kreative Leistungen einzelner Persönlichkeiten und ihren Einfluss auf
Gruppen und Gesamtgesellschaft.
3.) Die
Verteilungen des Verhaltens werden durch die emotional relevanten
Aspekte der Strukturen im Normalfall unbewusst erzeugt. Die Bedingungen
für die Form der Verteilungen sind einerseits der Grad und die
Intensität der emotionalen Wirkung (Symbole/Bilder/Wiederholungen) und
andererseits die individuellen, persönlichen Differenzen in Bezug auf Beeinflussbarkeit, entstanden aus dem Wechselspiel von Veranlagung und Sozialisierung.
4.) Die sozialen Gesetze werden begründet durch die Verbindung und Beeinflussung des individuellen Unbewussten mit und durch kollektive Strukturen oder Intentionen (Searle).
5.) Empirisch
relevant und Ausgangspunkt für empirische Untersuchungen sind die
Verhaltensverteilungen (Explanandum), d.h. die Wirkungen der Strukturen,
aus denen auf die strukturell relevanten, unbewusst determinierenden
Variablen (z.B. Symbole/Bilder) als Explanans geschlossen werden kann.
6.) Voraussetzung
für eine Erklärung durch soziale Gesetze ist eine begrifflich
durchformulierte soziologische Theorie (z.B. mit dem Ausgangspunkt
„Macht“ i.S. Webers als zentrales Konstituens jeder sozialen Beziehung und als Motor eines jeden sozialen Prozesses).
7.) Soziologisch relevante Strukturebenen können hierarchisch wie folgt unterschieden
werden:
werden:
a) Persönlichkeitsstruktur
b) Struktur einer Zweierbeziehung
c) Struktur einer Gruppe
d) Struktur einer formalen Organisation
e) Struktur einer formal organisierten Gesellschaft
f) Ideologische Strukturen/ Wissenssoziologie (z.B. Liberalismus/Faschismus)
g) Fundamental-religiöse Strukturen (Transzendenz)
h) Erkenntnistheoretische Strukturen (Wissenschaft/Philosophie/Religion)
Jede höher liegende Ebene prägt, idealtypisch betrachtet, die VerhaltensVERTEILUNG und die statistische Varianz der darunter liegenden Ebene.
Empirische
Untersuchungen, z.B. historisch vergleichend, können von statistischen
Wirkungen ausgehen und Veränderungen in der Verteilung an Hand von emotional
relevanten Strukturdimensionen hypothetisch formulieren und untersuchen."